_D. Martin Luthers ausfuerliche Erklaerung der Epistel_ _an die Galater._ Anno 1535 Neu aus dem Lateinischen uebersetzt. Published in: _Dr. Martin Luthers Saemmtliche Schriften_ herausgegeben von Dr. Joh. Georg Walch Neunter Band. _Auslegung des Neuen Testaments._ _(Schluss.)_ (St. Louis, Mo.: Concordia Publishing House, 1893) (cols. 83-84) _Das erste Capitel._ _V. 8. Aber so auch wir, oder ein Engel vom Himmel euch wuerde Evangelium predigen anders, denn das wir euch gepredigt haben, der sei verflucht!_ 144. Paulus redet hier lauter Flammen und ist so heftig enbrannt, dass er anfaengt, selbst den Engeln gleichsam zu fluchen. Auch wir selbst, sagt er, ich und meine Brueder, Timotheus, Titus und wie viele ihrer auch sind, die mit mir Christum rein lehren (denn ich rede noch nicht von denen, welche die Seelen verfuehren), ja, wenn ein Engel vom Himmel [usw.] [anders predigen wuerde], so wollte ich lieber, dass ich, meine Brueder, ja, auch ein Engel vom Himmel verflucht waeren, als dass mein Evangelium verkehrt werden sollte. Das ist fuerwahr ein brennender Eifer, dass er sich untersteht, nicht allein sich, seine Brueder, sondern auch einen Engel vom Himmel so zuversichtlich zu verfluchen. 145. _Anathema_ griechisch, hebraeisch _kerem_ (?) heisst lateinisch _maledictum_, verflucht, verworfen und schlechterdings von dem Verkehr, der Gesellschaft und Gemeinchaft mit Gott ausgeschlossen. So sagt Joshua [Cap. 6, 17. 26], dass die Stadt Jericho auf ewig verbannt sein soll, so dass sie niemals wieder gebaut werden soll. Und im 3. Buch Mosis, Cap. 27, 28. 29., steht geschrieben, wenn ein Mensch oder irgend ein Thier verbannt worden ist, so soll das Verbannte getoedtet werden, und man soll es nicht leben lassen. So mussten Amalek und etliche Staedte, die durch Gottes Urtheil verbannt worden waren, gaenzlich ausgetilgt werden. 146. So ist nun die Meinung des Paulus: Ich wollte lieber, dass ich, andere, ja, auch ein Engel vom Himmel verflucht waeren, als dass ein anderes Evangelium gepredigt wuerde, sei es nun von uns oder von anderen, als das, welches wir gepredigt haben. So verbannt und verflucht Paulus sich selbst zuerst. Denn es pflegen gute Werkmeister zuerst sich selbst zu strafen, damit sie darnach auch andere desto freier und heftiger strafen koennen. 147. Es schliesst nun Paulus, dass es kein anderes Evangelium gebe, als das, welches er selbst gepredigt habe. Er hat aber nicht ein von ihm selbst erdachtes Evangelium gepredigt, sondern dasjenige, welches Gott von Anbeginn durch seine Propheten in der heiligen Schrift verheissen hatte, Roem. 1, 1. 2. Darum spricht er es auf das allergewisseste aus, dass er, andere, ja, ein Engel von Himmel, verflucht sein wuerden, wenn sie ein von dem frueheren verschiedenes Evangelium predigen wuerden, denn das Wort des Evangelii, welches Gott einmal hat ausgehen lassen, wird nicht widerrufen werden bis an den juengsten Tag. ______________________________________________________________________________ This text was converted to ascii format for Project Wittenberg by Robert A. Oeser and is in the public domain. You may freely distribute, copy or print this text. Please direct any comments or suggestions to: Rev. Robert E. Smith Walther Library Concordia Theological Seminary E-mail:smithre@mail.ctsfw.edu Phone: (260) 452-3149 Fax: (260) 452-2126 Surface Mail: 6600 N. Clinton St., Ft. Wayne, IN 46825 USA ______________________________________________________________________________